Wassereinbruch nachts: Alarmmanagement, Pumpeinsatz und wasserdichte Notausrüstung

Wassereinbruch nachts: Alarmmanagement, Pumpeinsatz und wasserdichte Notausrüstung

Es ist drei Uhr morgens, als ich das leise Plätschern höre, das sich wichtigkeitsmäßig noch ins Unbestimmte schiebt: Wasser. In solchen Momenten entscheidet sich, ob eine unangenehme Panne bleibt oder zum ernsten Notfall wird. Ich habe in meiner Zeit an Bord mehrere nächtliche Wassereinbrüche erlebt – einige harmlos, andere durchaus kritischer. Aus diesen Erfahrungen habe ich ein klares Alarmmanagement, einen strukturierten Einsatz der Bilgepumpen und eine wasserdichte Notausrüstung entwickelt, die ich dir hier Schritt für Schritt erkläre.

Erstmal Ruhe bewahren: die ersten 60 Sekunden

Der wichtigste Tipp gleich vorneweg: Ruhe. Panik führt zu Fehlern. Wenn ich das Plätschern höre, folge ich einer festen Routine, die ich jedem an Bord beibringe:

  • Schlafanzug oder warme Kleidung anziehen, Sicherheitsleine umlegen.
  • Handlampe (preferiert mit Rotlicht) und Funk (VHF/Handfunk) griffbereit machen.
  • Schnell checken, wo das Geräusch herkommt — Bug, Heck, Bilge, Motorraum?
  • Solche Standardabläufe verkürzen die Entscheidungszeit und verhindern, dass man im Dunkeln planlos von einer Stelle zur nächsten hetzt. Verwende eine Stirnlampe mit Rotlichtfunktion, damit die Nachtsicht an Bord erhalten bleibt.

    Alarmmanagement: wer macht was?

    Wenn du nicht allein unterwegs bist, ist klare Rollenverteilung essenziell. Auf meinen Törns setze ich dieses Schema ein:

  • Skipper: Gesamtverantwortung, Entscheidung über Kursänderung und Notfallmeldungen (Mayday, Pan-Pan).
  • Erster Mann: Lokalisieren der Leckstelle, Abdichten versuchen (Stopfen, Leckkeil).
  • Zweiter Mann: Pumpen und Bilge-Überwachung, Kontrolle der elektrischen Systeme.
  • Dritter Mann (falls vorhanden): Aussenchecks, z.B. Seeventile, Ausrüstung bereithalten.
  • Kommunikation erfolgt über kurze, klare Ansagen: "Leck am Steuerbord-Heck, Stopper kommt, Pumpe an". Wiederhole kritische Informationen laut, damit Fehler durch Missverständnis vermieden werden.

    Lokalisieren und provisorisch abdichten

    Das Leck zu finden ist oft das schwierigste, besonders nachts. Ich gehe systematisch vor:

  • Folge dem Wasserlauf: Frisch eindringendes Wasser ist sauberer und oft wärmer als alte Bilgenflüssigkeit.
  • Kontrolliere Seeventile, Tankdurchführungen, Ruderlager und die Winschaufnahmen.
  • Im Motorraum nach Schläuchen, Kühlwasserleitungen und offenen Durchführungen suchen.
  • Zur provisorischen Abdichtung habe ich immer dabei:

  • Stopfbuchsen, Lederstopfen, Schlauchklemmen, und einen Leckkeil (z. B. von Marel).
  • Supersealers (Sika, 3M) in kleinen Kartuschen für temporäre Abdichtungen.
  • Heavy-duty-Duct-Tape und Silikon-Pads – kein Wundermittel, aber oft sofort wirkungsvoll.
  • Der richtige Einsatz von Pumpen

    Das Pumpen ist nicht einfach nur "an" oder "aus". Hier meine Prioritäten:

  • Separate Pumpen: Automatikpumpe (Bilgenpumpe 1) und manuelle oder elektrische Backuppumpe (Bilgenpumpe 2 oder Handpumpe).
  • Automatikpumpe nur aktivieren, wenn du sicher bist, dass sie aufgeschaltet ist und die Schaltkammer funktioniert. Feuchtigkeit oder Schmutz im Schalter können Fehlfunktionen verursachen.
  • Bei schnellen Wassereinbrüchen zuerst die stärkste Pumpe einsetzen (12V Tauchpumpe z.B. Whale, Jabsco) und parallel die Handpumpe laufen lassen, falls die 12V ausfällt.
  • Verteile Pumpen strategisch: eine Pumpe im tiefsten Punkt, eine weitere in der Nähe des Lecks – so minimierst du Pumpenweg und Schaumansammlung.
  • Praktischer Tipp: Ich habe eine kleine Pumpe (z. B. eine Rule 2000) mit großem Durchfluss als Hauptpumpe und eine strapazierfähige Handbilgepumpe von Plastimo oder Trouvay als Backup. Die manuelle Pumpe ist oft die Rettung, wenn elektrische Systeme versagen.

    Elektrik und Safety: Abschalten, aber bedacht

    Bevor du blind die Hauptschalter umlegst, denke an Pumpsysteme, Navigation und Funk. Mein Vorgehen:

  • Wenn Wasser in der Bilge die elektrische Anlage bedroht, schalte selektiv ab: zuerst Verbraucher, dann ggf. die Bordbatterien.
  • Wichtig: Lass mindestens eine Pumpe und das Funkgerät bei Stromverlust über eine separate, abgesicherte Leitung laufen (z. B. mit einem separaten Notschalter oder einer eigenen Batteriebank).
  • Trage immer isolierte Handschuhe, wenn du an elektrischen Komponenten arbeitest – nasses Metall + Strom = gefährlich.
  • Wasserdichte Notausrüstung: was immer griffbereit sein sollte

    Meine wasserdichte Notausrüstung ist in einer leicht erreichbaren, markierten Box verstaut. Darin befinden sich:

    ItemWarum
    Hand- und Stirnlampe (IPX7)Nachtsicht, Hände frei
    Handbilgepumpe (manuell)Unabhängig von Bordstrom
    Stopfbuchsen, Leckkeil, SchlauchklemmenSchnelle Abdichtung
    Duct Tape & EPDM-FlickenProvisorische Abdichtungen
    Kurze Starterbatterien & PowerbankFunk/Telefon powered
    Handfunkgerät (VHF) & Taschen-SOS (PLB)Notmeldung möglich
    Rettungswesten mit Licht & WurfsackPersonensicherung

    Wasserdichte Beutel und Container (z. B. Ortlieb Packsacks oder SeaSense-Boxen) sind für Elektronik und Dokumente unverzichtbar. Alles sollte bei Nacht schnell erreichbar sein und auch unter Spannungslage verwendet werden können.

    Kommunikation und Notfallmeldungen

    Wenn das Leck nicht innerhalb kurzer Zeit kontrollierbar ist, ist die Meldung an andere Schiffe oder die Seenotleitstelle unabdingbar. In meiner Routine:

  • Erst Pan-Pan via VHF ausrufen, wenn die Kontrolle noch möglich ist, aber Unterstützung nötig sein könnte.
  • Mayday absetzen, wenn die Situation das Boot akut gefährdet (schneller Wassereinbruch, Maschinenstillstand, Person über Bord).
  • Bleibe so lange wie möglich auf Kanal 16 und dokumentiere position, Kurs, Leckbeschreibung und Anzahl Personen an Bord.
  • Nach dem Vorfall: Dokumentation und Prävention

    Sobald das Wasser eingeschränkt und das Boot stabil ist, dokumentiere ich das Ereignis detailliert: Ursache, Zeitstempel, Maßnahmen, eingesetzte Materialien und Pumpenlaufzeiten. Diese Daten helfen nicht nur der Versicherung, sondern sind Grundlage für Verbesserungen.

  • Untersuche und repariere die eigentliche Ursache so bald wie möglich; provisorische Dichtungen sind nur Übergangslösungen.
  • Prüfe Seeventile, Schlauchschellen, Ruderlager regelmäßig – viele Lecks sind vermeidbar.
  • Trainiere Nacht- und Alarmübungen mit der Crew; Routine reduziert Fehler.
  • Meine nächtlichen Alarmroutinen haben mir mehrfach das Boot und meine Crew gerettet. Wichtig ist, vorbereitet zu sein: die richtige Ausrüstung dabei haben, klare Verantwortlichkeiten und das Vertrauen in die eigenen Abläufe. Wenn du willst, kann ich dir meine Checkliste als druckbare PDF zusammenstellen oder eine Packliste für deine wasserdichte Notbox schicken.


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