Beim Kauf einer gebrauchten Yacht habe ich gelernt: Gut vorbereitet sein spart später Geld, Ärger und im schlimmsten Fall Sicherheit. In diesem Beitrag teile ich meine persönliche Checkliste und meine Herangehensweise, wie ich Rumpf, Rigg und Elektrik beurteilige — praxisnah, ohne unnötigen Fachjargon, damit du beim nächsten Besichtigungstermin souverän bleibst.
Vorbereitung: Unterlagen, Fragen und erstes Bild
Bevor ich überhaupt an Bord steige, sammle ich so viele Informationen wie möglich. Das spart Zeit und schärft den Blick für Auffälligkeiten.
Fragen an den Verkäufer: Baujahr, Werft/Modell, Anzahl Vorbesitzer, letzte Kasko-/Thwart-Inspektion, ausgeführte Reparaturen, Schäden, Liegplatz, Saisonlager.Wichtig: Service-Rechnungen, Logbuch, Bereifung/Segelzustand, Klassifizierungsdokumente (falls vorhanden), Rumpfnummer (HIN).Wenn möglich, schaue ich mir die Yacht einmal vom Steg aus an, bei Tageslicht und wenn möglich bei ruhigem Wetter — erste Eindrücke zählen: stehen Rigg und Mast gerade? Gibt es sichtbare Wasserlinienveränderungen oder Osmose?
Rumpf und Deck: Was ich mit bloßem Auge und Tastsinn prüfe
Der Rumpf ist das Herz der Yacht. Ich fange außen an und arbeite mich systematisch vor.
Oberfläche: Suche nach Haarrissen, Blasenbildung (Hinweis auf Osmose), frischen Reparaturstellen mit unterschiedlichem Farbton.Wasslinie: Unregelmäßige Verfärbungen oder starke Bewuchsansammlungen können auf lange Liegezeiten oder Pflegeprobleme hinweisen.Deck: Druckstellen, weiche Stellen oder „schlabbriges“ Gefühl bei Betreten deuten auf nasse Kernschichten im Sandwich-Aufbau hin.Kielbefestigung: Rostspuren an den Kielschrauben oder an den Auflageflächen deuten auf Spannungen; bei Stahlkielen auf Durchrostung prüfen.Ich klopfe mit einem kleinen Plastikhammer oder dem Griff eines Schraubenziehers über das Deck und Rumpf — der Klang sagt viel über Hohlräume und Reparaturen. Bei Unsicherheit fotografiere ich Stellen und notiere mir Lage und Größe für eine spätere Bewertung durch einen Gutachter.
Rigg und Takelage: Sicher ist sicher
Das Rigg trägt die Segel — Versagen hier ist gefährlich. Ich prüfe systematisch von Mastfuß bis Wanten.
Wanten und Stage: Suche nach Korrosion, gebrochenen Litzen, losen Überzügen oder früheren Reparaturen. Achte auf Erneuerungen von Terminals (z. B. Norseman, Sta-Lok).Mast und Beschläge: Beulen, Risse, Korrosion an Schäkeln, Mastaugen und Travellern. Bei Aluminiummasten auf Haarrisse an den Anschweißungen und Bruchstellen achten.Stehendes Gut: Prüfe Spannung und stelle Fragen zu Austauschzeitpunkten. Viele Eigner tauschen Wanten alle 10–15 Jahre; das ist ein realistischer Referenzwert.Beschlagsinspektion: Rollen, Blöcke und Fallführungen — sind sie gängig oder verharzt? Greift man bei großen Rollanlagen (z. B. Furlex, Reckmann) die Welle an, um Spiel zu prüfen.Wenn möglich, lasse ich den Mast vom Liegeplatz aus kurz umlegen (oder hebe ihn, falls der Eigner das anbietet) — so erkenne ich verborgene Schäden am Mastfuß und inneren Beschlägen.
Elektrik und Elektronik: Modern oder veraltet?
Elektrik ist eines der Themen, die mir am meisten Kopfzerbrechen bereiten — unsachgemäße Arbeiten können brandgefährlich sein. Ich folge einem einfachen Schema: Gute Dokumentation, sichtbare Qualität und sichere Installation.
Panel & Sicherungen: Sind Sicherungen und Hauptschalter klar beschriftet? Verwende ich einen Multimeter, messe ich Spannung an Hauptschienen (Ruhe- und Ladezustand der Batterien).Batterien: Typ (Blei, AGM, Gel, Lithium), Alter, sichtbare Korrosion an Anschlüssen. Hersteller wie Victron, Mastervolt oder Varta sind häufig verlässlich — aber das Alter bleibt entscheidend.Ladegerät und Spannungswandler: Funktionstest möglich? Ist ein intelligentes Ladegerät (z. B. Victron Blue Smart) verbaut oder ein altes, ineffizientes Gerät?Navigationsinstrumente: Kartenplotter (Raymarine, B&G, Garmin), GPS-Antennen, Log, Echolot — sind Anzeigen konsistent, und sind Karten-Updates aktuell?AC-System: Sind Landanschluss, FI-Schutzschalter und Verkabelung sachgerecht installiert? Tipps: FI-Schalter (RCD) sollte vorhanden und funktionstüchtig sein.Ich mache gerne eine Checkliste im Cockpit: Steckdosen testen, Navigation anschalten, Innenbeleuchtung prüfen. Kleine, aber aussagekräftige Tests sparen später überraschende Kosten.
Motor und Antrieb: Geräusche, Lecks und Wartungshistorie
Der Motor ist oft teuer in Wartung und Reparation — ein gründlicher Blick lohnt sich.
Startverhalten: Lässt sich der Motor leicht starten? Rauchentwicklung (blau, schwarz, weiß) beim Start ist ein Alarmsignal.Öl und Kühlwasser: Ölniveau prüfen, Ölfarbe kontrollieren (kein milchiger Schaum); Kühlwasser auf Einträge von Öl oder Rost prüfen.Lecks und Schläuche: Weiche Schläuche austauschen, Schellen auf Korrosion prüfen; achte auf Spuren von Diesel oder Öl im Motorraum.Getriebe und Propellerwelle: Spiel in der Welle prüfen, Anoden verschlissen? Propeller auf Dellen, Lackabplatzungen oder verbogene Schaufeln untersuchen.Ein kurzer Probelauf während der Probefahrt ist Gold wert: Lausche auf ungewöhnliche Geräusche, achte auf Temperaturstabilität und beobachte Öldruckanzeigen. Ich lasse den Motor gerne 15–30 Minuten laufen, um Warmlaufverhalten zu beurteilen.
Segel, Beschläge und Innenausstattung: Praxischeck
Segel sind oft teuer zu ersetzen — ein ehrlicher Zustand ist wichtig.
Segelzustand: Suche nach UV-Ausbleichungen, Nahtauslösungen, Rissen oder Reparaturflicken. Liegt ein Segelpass oder Reparaturhistorie vor?Reißverschlüsse und Reffanlagen: Funktionstest der Reffsysteme (Slab, Rollreff) — klemmt etwas oder ist alles leichtgängig?Innenausbau: Feuchtigkeitsspuren an Rumpf/Decke, Schimmel, weiche Polster oder Holzaufquellungen im Plichtboden sind Hinweise auf Leckagen.Sanitäreinrichtungen: Funktion der Pumpe prüfen, Urin-/Wassertanks kontrollieren, unangenehme Gerüche beachten.Probefahrt und Seetauglichkeit: Was ich beobachte
Die Probefahrt ist der Moment der Wahrheit. Ich organisiere sie so, dass wir zumindest 1–2 Stunden unterwegs sind und verschiedene Manöver testen.
Segeltrimm: Wie reagiert das Schiff auf Halsen und Wenden? Bleibt der Kurs stabil?Geschwindigkeit und Kurs: Entspricht die Performance dem Typ und den Erwartungen? Große Abweichungen können Indiz für Unterwasserschäden sein.Komfort an Bord: Wie schlägt sich das Schiff bei Welle und Wind? Gibt es übermäßige Vibrationen oder laute Geräusche aus dem Rumpf?Handling unter Motor: Rückwärtsfahrt, Manövrierfähigkeit im Hafen und Gasannahme prüfen.Dokumente, Kosten und Gutachten: Entscheiden mit Fakten
Zum Abschluss sammele ich alle Dokumente und schlage konkrete Kostenpunkte nach.
Prüfe: Eigentumsnachweis, CE-Kennzeichnung, ggf. Schiffszertifikat.Kostenschätzung: Rechne mit typischen Posten — Riggüberholung, Segelneukauf, Batteriewechsel oder Motorservice. Ich schreibe die wichtigsten Arbeiten samt grober Kostenschätzung auf.Gutachten: Bei Unsicherheit empfehle ich ein professionelles Survey (z. B. Yachtprüfer, Vermessungsingenieur). Die Investition lohnt sich häufig.| Typische Reparatur | Preisrahmen (DE) |
| Riggüberholung | 2.000–8.000 € |
| Batteriewechsel (AGM) | 500–2.000 € |
| Satz neuer Segel | 3.000–15.000 € |
| Motor-Inspektion/Service | 300–1.500 € |
Beim Verhandeln bin ich transparent: Ich nenne konkrete Mängel und biete basierend auf geschätzten Reparaturkosten einen fairen Preisvorschlag. Oft erzielt eine schriftliche Mängelliste mit Kostenvoranschlag bessere Resultate als reine Bauchentscheidungen.
Wenn du magst, kannst du mir konkrete Details zur Yacht schicken (Bilder, Modell, Baujahr) — dann schaue ich mir die Punkte an, die mir wichtig wären, und gebe dir eine Einschätzung, worauf du besonders achten solltest.