Knoten, die an Bord wirklich halten: praktische Knoten für Festmacher, Fallen und Rettungsmanöver

Knoten, die an Bord wirklich halten: praktische Knoten für Festmacher, Fallen und Rettungsmanöver

Warum Knoten an Bord mehr sind als nur Seemannsschnörkel

Auf See entscheidet oft ein kleiner Handgriff über Sicherheit und Komfort. Ich habe in meiner Zeit als Bootsmann und auf zahllosen Törns gelernt: ein ordentlich gebundener Knoten kann einen Festmacher sicher halten, eine Fock schnell bergen oder im Ernstfall Leben retten. In diesem Beitrag stelle ich die Knoten vor, die ich regelmäßig benutze, erkläre, wann sie sinnvoll sind und welche Fehler man vermeiden sollte.

Grundsätze bevor man Knoten übt

Bevor wir in die konkreten Knoten einsteigen, ein paar persönliche Grundregeln, die ich jedem mitgebe:

  • Üben an Land: Ich übe neue Knoten an Land, unter Stress nach einem Wetterumschwung ist keine Lernstunde.
  • Material kennen: Dyneema-Leinen (z. B. von Marlow) verhalten sich anders als herkömmliche Polyester- oder Polypropylen-Leinen (z. B. Liros). Manche Knoten rutschen leichter in glatten Materialien.
  • Enden sichern: Bei kritischen Leinen sichere ich das Ende zusätzlich mit einem Stopperknoten oder einer Naht.
  • Regelmäßig kontrollieren: Nach langen Liegezeiten oder starken Belastungen kontrolliere ich alle Knoten und Festmacher.

Festmacher: Knoten für Hafenmanöver

Beim Anlegen und Festmachen geht es vor allem um Schnelligkeit, Rückholdbarkeit und Sicherheit. Die folgenden Knoten nutze ich fast täglich:

  • Palstek (Bowline): Mein Lieblingsknoten für eine feste Öse. Er lässt sich unter Last schwer öffnen, ist aber wieder lösbar. Ich verwende ihn z. B. für das Befestigen eines Fenderhalters oder temporären Leinen.
  • Kreuzknoten / Weberknoten (Reef Knot): Ein einfacher Verbindungsknoten für gleich starke, nicht kritische Leinen. Achtung: unter wechselnder Belastung kann er sich lösen — ich nutze ihn nur für kurzfristige Anwendungen.
  • Palstek mit halbem Schlag (Roundturn and two half hitches): Ideal, um an Pollern oder Dalben zu liegen. Die Rundtörn nimmt die Hauptlast auf, die halben Schläge sichern und lassen sich anpassen.
  • Slipstek (quick release hitch): Ideal, wenn ich eine Leine mit einem schnellen Handgriff losmachen muss. Bei starkem Zug kann er sich allerdings verziehen; ich verwende ihn an Vorleinen oder Springen.

Fallen und Schoten: Knoten für Segelbetrieb

Bei Fallen und Schoten zählt Verlässlichkeit unter Last und die Möglichkeit, bei Bedarf schnell zu lösen.

  • Palstek eignet sich auch hier für Schlaufen am Ende von Schoten oder als Befestigung für ein Traveller-Schäkel.
  • Palstek-Variante mit Stopperknoten: Gerade bei glatten Dyneema-Enden knote ich zusätzlich einen einfachen Stopperknoten (Achtknoten), damit die Öse nicht durchrutscht.
  • Bulinknoten (Figure-of-eight loop): Geliebt für sein klares Verhalten und einfache Prüfung — ich nutze ihn oft als Endknoten an Trimmleinen oder als fixe Schlaufe.
  • Schotstek (Sheet Bend): Um zwei Leinen unterschiedlicher Stärke zu verbinden. Ich bevorzuge den doppelten Schotstek bei großen Differenzen.

Rettungsmanöver: Knoten, die Leben halten

Im Man-Overboard-Fall oder bei Bergungen stehen Sicherheit und schnelle, sichere Befestigung im Vordergrund. Meine Standardknoten hierfür sind:

  • Palstek: Wieder mein Allrounder — eine feste, belastbare Schlaufe bleibt für Wurfleinen und Rettungsschlingen erste Wahl.
  • Ankerstich / Clove Hitch: Schnell gesetzt und an Ringen oder Pfosten praktikabel, aber ohne Sicherung kann er sich lösen. Ich ergänze mit einem halben Schlag.
  • Rettungsschlinge mit Stopper (Bight + Figure-of-eight): Für eine improvisierte Rettungsschlinge forme ich eine schöne Auge mit einer Achter-Schlaufe, das gibt eine gute Lastverteilung und ist einfach aufzuziehen.
  • Rettungswurfsack-Leinen: Diese Leinen sind oft sehr glatt (Dyneema), daher vergewissere ich mich, dass der Knoten doppelt gesichert ist (doppelter Palstek oder zusätzlicher Stopper).

Typische Fehler — und wie man sie vermeidet

Ich sehe häufig dieselben Fehler an Bord. Diese zu kennen hat mir selbst schon brenzlige Situationen erspart:

  • Falsche Knotenauswahl: Komfortknoten wie der Webeleinstich sind nicht für hochbelastete Leinen gedacht.
  • Zu kurze Enden: Immer ausreichend Leinen für das freie Nachziehen lassen und die Enden nicht auf ein Minimum kürzen.
  • Nicht nachziehen: Nach dem ersten Belastungstest immer nachziehen und noch einmal prüfen.
  • Materialignoranz: Bei modernen Hochleistungstauen (z. B. Dyneema) funktionieren traditionelle Knoten anders — oft rutschen sie leichter. Testen und ggf. alternative Sicherungsmaßnahmen (Naht, Backsplice) nutzen.

Pflege und Materialwahl

Die besten Knoten helfen nichts, wenn die Leine selbst spröde ist. Meine Tipps zur Leinenpflege:

  • Regelmäßig prüfen auf Scheuerstellen und UV-Schäden.
  • Leinen mit Süßwasser ausspülen und gründlich trocknen lassen, bevor sie in die Box kommen.
  • Bei kritischen Leinen auf Qualität setzen: Hersteller wie Marlow, Liros oder Samson bieten langlebige Produkte, die sich auch bei hoher Belastung verlässlich verhalten.

Kurze Übersichtstabelle: Einsatzgebiet der Knoten

Knoten Einsatz Vorteile Nachteile
Palstek Schlaufen, Rettung, Fallen Fest, lösbar Bei glatten Leinen rutschen Enden
Palstek + Stopper Belastete Enden sichern Zusätzliche Sicherheit Etwas aufwendiger
Rundtörn + 2 halbe Schläge Festmachen an Pollern Einfach anzupassen Benötigt Platz für Rundtörn
Schotstek Leinen verbinden Vielseitig Bei starken Lastwechseln kritisch

Praxis-Tipp: Routine entwickeln

Mein persönlicher Rat: Baue eine kleine Routine ein. Ich überprüfe Knoten beim Tageslichtwechsel (morgens/abends), nach Starkwind und vor längeren Nachtpassagen. Eine kurze Übung auf jeder Etappe — fünf Minuten Knotenzeit — zahlt sich aus. Ich zeige neuen Crewmitgliedern immer zuerst die drei Knoten, die an Bord am häufigsten gebraucht werden: Palstek, Rundtörn mit halben Schlägen und Slipstek.

Wenn du möchtest, kann ich dir bei Gelegenheit eine kleine Schritt-für-Schritt-Anleitung mit Bildern zu den wichtigsten Knoten zusammenstellen — das hat sich bei meiner Crew als sehr hilfreich erwiesen, besonders für Anfänger.


Sie sollten auch die folgenden Nachrichten lesen:

Sicherheit

Radar richtig lesen: wie man Ziele identifiziert, Kursabweichungen erkennt und Kollisionsrisiken minimiert

02/12/2025

Radar gehört für mich zu den zuverlässigsten Helfern auf See — besonders bei schlechter Sicht oder in engen Fahrwassern. Trotzdem sehe ich immer...

Weiterlesen...
Radar richtig lesen: wie man Ziele identifiziert, Kursabweichungen erkennt und Kollisionsrisiken minimiert
Segeltörns

Segeln mit Kindern: Tagestörns, Sicherheitsregeln und Spiele für ruhige Nerven an Bord

02/12/2025

Segeln mit Kindern gehört für mich zu den schönsten, aber auch anspruchsvollsten Seiten des Bootlebens. Seit ich Kinder an Bord hatte, habe ich...

Weiterlesen...
Segeln mit Kindern: Tagestörns, Sicherheitsregeln und Spiele für ruhige Nerven an Bord