Elektrik an Bord: wie baue ich eine 12‑V‑Versorgung für Kühlschrank, Autopilot und Navigationstrenner

Elektrik an Bord: wie baue ich eine 12‑V‑Versorgung für Kühlschrank, Autopilot und Navigationstrenner

Warum eine saubere 12‑V‑Versorgung wichtig ist

Auf meinen Törns habe ich gelernt: Elektrik an Bord ist kein Luxus, sondern Überlebens‑ und Komfortfaktor zugleich. Kühlschrank, Autopilot und Navigationselektronik laufen fast ausnahmslos über 12 V — und wenn diese Verbraucher nicht ordentlich geplant und abgesichert sind, endet das entweder in einer leeren Batterie mitten auf See oder im schlimmsten Fall in einem Brand. In diesem Beitrag beschreibe ich, wie ich eine 12‑V‑Versorgung plane und baue, die zuverlässig, wartungsfreundlich und sicher ist.

Erste Schritte: Bedürfnisse ermitteln und Lasten auflisten

Bevor ich anfange, Kabel zu ziehen und Batterien zu bestellen, setze ich mich mit einem Block und Stift hin und mache eine Liste aller 12‑V‑Verbraucher an Bord. Typische Kandidaten:

  • Kühlschrank (Kompressor oder Absorption)
  • Autopilot (Steuereinheit, Hydraulik‑/Ruderaktor)
  • Navigation (Plotter, GPS, AIS, Funk)
  • Bilgepumpe
  • Beleuchtung (Innen, Navigation)
  • USB‑/12‑V‑Steckdosen
  • Wichtig ist, die Einschaltströme (Stromaufnahme beim Start) und die Dauerlast (durchschnittlicher Stromverbrauch) zu notieren. Der Kühlschrank kann z. B. im Anlauf deutlich mehr ziehen als im normalen Lauf — das wirkt sich auf Sicherungen und Alternator‑Lastmanagement aus.

    Dimensionierung der Batterie(n)

    Aus der Liste berechne ich die tägliche Verbrauchsenergie in Ah (Amperestunden): Verbraucherleistung [A] × Stundenbetrieb = Ah/Tag. Für einen kleinen Kühlschrank (Kompressor) rechnet man je nach Isolierung und Einsatz mit 3–8 Ah/h. Autopiloten können bei längeren Kursen mehrere Ampere konstant ziehen.

    Als Faustregel strebe ich bei küstennahen Törns mindestens 200–300 Ah Nutzkapazität (bei 12 V) an, wenn Kühlschrank und Autopilot regelmäßig laufen. Bei Blauwasser oder längeren Törns ohne Landanschluss erhöhe ich das deutlich oder plane zusätzliche Lademöglichkeiten (Solar, Wind, stärkere Lichtmaschine).

    Ladequellen: Lichtmaschine, Landstrom, Solar, Ladegerät

    Eine robuste Ladeinfrastruktur ist das Gegenstück zur Batterie. Ich kombiniere meist mehrere Quellen:

  • Lichtmaschine mit einem DC‑DC‑Ladebooster (z. B. Sterling, Victron Orion-Tr Smart) — damit sichere ich eine saubere Ladekurve und kann die Starterbatterie trennen.
  • Landladegerät (220 V → 12 V): wichtig beim Liegen im Hafen, ein gutes Ladegerät von Victron oder Mastervolt bringt die Batterien optimal in den Zustand.
  • Solar (MPPT‑Regler wie Victron SmartSolar): ideal zur Aufrechterhaltung, besonders bei längeren Liegezeiten oder ruhigen Tagen.
  • Optional: Windgenerator oder Hydrogenerator für Blauwasserfahrer.
  • Sicherungen, Trennschalter und Batterie‑Management

    Jeder Verbraucher bekommt eine Sicherung am Batteriepol so nah wie möglich zur Batterie — das verhindert, dass Kurzschlüsse in der Verkabelung zum Problem werden. Ich verwende meist Sicherungsleisten von Blue Sea Systems oder einzelne ATO/ATC‑Sicherungen mit gutem Halter.

    Für kritische Verbraucher (Navigation, Autopilot) empfehle ich einen separaten Leistungszweig mit eigenen Sicherungen und einem Trennschalter (Battery Isolator / Battery Selector). Das erlaubt, bei Startproblemen oder Defekten die Verbraucher schnell vom System zu trennen.

    Verkabelung und Kabelquerschnitt

    Kurz: nicht sparen. Ich wähle Kabelquerschnitte nach Stromstärke und Kabellänge, um Spannungsabfall zu minimieren. Für empfindliche Elektronik ist eine Spannungsabfallbegrenzung wichtig — GPS/Plotter vertragen z. B. keine großen Spannungsschwankungen.

    Übersichtliche Faustwerte (vereinfachte Orientierung):

    Strom (A) Einseitige Länge (m) Kabelquerschnitt (mm²)
    10 bis 5 1,5–2,5
    20 bis 5 2,5–4
    50 bis 5 10
    100 bis 5 16–25

    Für Autopiloten und Kühlsysteme rechne ich oft großzügiger, gerade wenn die Kabellänge länger ist oder starke Anlaufströme zu erwarten sind.

    Autopilot: worauf ich speziell achte

    Autopiloten sind empfindlich gegenüber Spannungseinbrüchen. Wenn der Pilot während einer Kreuzfahrt abschaltet, bedeutet das mehr Arbeit und potenziell gefährliche Situationen. Meine Maßnahmen:

  • Extra Sicherung und eigene Batteriegruppe oder Leitung mit geringem Spannungsfall.
  • Ein Soft‑Start bzw. ein Relais für den Autopilot‑Motor, um Anlaufströme zu begrenzen.
  • Spannungsüberwachung durch einen Shunt oder Battery Monitor (z. B. Victron BMV‑712), der Alarm bei Unterspannung gibt.
  • Kühlschrank: Kompressor vs. Absorption

    Kompressor‑Kühlschränke sind effizienter als Absorber, brauchen aber Anlaufströme. Ich habe gute Erfahrungen mit kompressorbasierten Geräten von Dometic oder Isotherm gemacht, kombiniert mit einer Thermomatten‑Isolation im Schapp.

    Tipps:

  • Direkt am Batteriebus absichern.
  • Softstart‑Relais oder ein Kühlschrankstrombegrenzungsmodul verwenden, wenn die Lichtmaschine Probleme hat.
  • Regelmäßige Kontrolle der Türdichtung und der Isolierung, um Laufzeiten zu reduzieren.
  • Trennung der Systeme: Navigationstrenner & Prioritätsladegeräte

    Ich nutze oft einen Navigationstrenner (isolierter Verbraucherzweig) für kritische Elektronik: Plotter, GPS, Funk. Diese Trennung stellt sicher, dass bei starken Verbrauchern (z. B. Pumpen, Heizung) die Navgeräte nicht ausgehen. Praktisch sind auch Battery‑Priority‑Lader oder Ladebosster, die zuerst die Servicebatterie laden, bevor andere Verbraucher bedient werden.

    Monitoring und Diagnose

    Ein zuverlässiges Monitoring gibt mir Sicherheit. Ein Battery Monitor mit Shunt zeigt Batterie‑Spannung, Lade‑/Entladestrom und verbleibende Kapazität. Für komplexere Systeme empfehle ich ein System mit Bluetooth oder Netzwerkschnittstelle (z. B. Victron Smart), damit ich vom Cockpit oder sogar unterwegs per Handy nachsehen kann.

    Praxis‑Checkliste vor dem ersten Törn

  • Sicherungen prüfen und Ersatz mitnehmen.
  • Batteriezustand und Lader prüfen (Strom, Spannungswerte).
  • Kabelverbindungen, besonders Masseverbindungen, auf Korrosion untersuchen.
  • Notabschalter kennzeichnen und testen.
  • Reserveteile: Sicherungsblöcke, Relais, Ersatzkabel, Verbinder.
  • Meine bevorzugten Komponenten

    Ich nenne hier Marken, die ich selbst verbaue oder die mir empfohlen wurden:

  • Victron Energy: Ladegeräte, MPPT‑Regler, BMV‑Monitor — zuverlässig und gut dokumentiert.
  • Blue Sea Systems: Sicherungsleisten, Batterietrennschalter, Circuit Breaker.
  • Sterling: DC‑DC‑Lader für Lichtmaschinen‑Optimierung.
  • Dometic / Isotherm: Kompressor‑Kühlschränke.
  • Beim Einkauf achte ich immer auf Ersatzteilverfügbarkeit und Support — mitten auf See sind exotische Spezialteile schwer zu bekommen.

    Wichtige Sicherheitsregeln

  • Positive Batterieanschlüsse immer absichern (Sicherung möglichst nah an der Batterie).
  • Gute Masseverbindungen, keine losen Leiter. Schütze vor Korrosion.
  • Keine improvisierten Verbindungen: Quetschverbinder, Crimpungen mit Wärme‑Schrumpf sind Standard.
  • Batterieräume belüften, insbesondere bei Blei‑Säure‑Batterien (Gase bei Ladung).
  • Wenn du magst, kann ich dir anhand deiner Liste von Verbrauchern eine Beispiel‑Dimensionierung erstellen — inkl. Kabelquerschnitten, Sicherungsgrößen und einer Empfehlung für Batteriegröße und Ladequellen. Schreib mir die Verbraucher mit Laufzeiten, und ich rechne das durch.


    Sie sollten auch die folgenden Nachrichten lesen:

    Sicherheit

    Wie finde und beurteile ich eine Ankerbucht: Wind, Strömung, Tiefen und natürlicher Schutz leicht erkennen

    02/12/2025

    Eine ruhige Ankerbucht zu finden und richtig zu beurteilen gehört für mich zu den zentralen Fähigkeiten an Bord. Gerade wenn die Crew entspannt...

    Weiterlesen...
    Wie finde und beurteile ich eine Ankerbucht: Wind, Strömung, Tiefen und natürlicher Schutz leicht erkennen
    Reviere

    Tourenplanung für die Ostsee: Etappen, Ansteuerungen und Geheimtipps für ruhige Häfen

    02/12/2025

    Planung ist das halbe Vergnügen — und auf der Ostsee kann gute Tourenplanung den Unterschied zwischen entspannten Tagen im Hafen und hektischen...

    Weiterlesen...
    Tourenplanung für die Ostsee: Etappen, Ansteuerungen und Geheimtipps für ruhige Häfen