Bordapotheke zusammenstellen: welche Medikamente und Instrumente bei Regatten und Blauwasser fehlen dürfen

Bordapotheke zusammenstellen: welche Medikamente und Instrumente bei Regatten und Blauwasser fehlen dürfen

Als langjähriger Segler habe ich gelernt: Eine gut durchdachte Bordapotheke ist nicht nur nett zu haben – sie kann im Ernstfall über Schmerz oder Schrecken, über harmlose Blessuren oder ernsthafte Komplikationen entscheiden. Ob bei kurzen, schnellen Regatten oder auf mehrwöchigen Blauwasserpassagen, die Anforderungen an Medikamente und Instrumente unterscheiden sich. In diesem Beitrag teile ich meine persönliche Herangehensweise, Praxistipps und konkrete Empfehlungen, damit ihr eure Bordapotheke zielgerichtet und sicher zusammenstellen könnt.

Warum eine spezialisierte Bordapotheke wichtig ist

Auf Regatten sind Unfälle meist kurz, heftig und benötigen schnelle, pragmatische Hilfe: Schnittwunden, Prellungen, Sonnenstich, Kreislaufprobleme. Auf Blauwasserfahrten kommen längere Isolation, eingeschränkte Evakuationsmöglichkeiten und die Notwendigkeit hinzu, über Tage oder Wochen eigenständig zu versorgen. Das bedeutet: Die Bordapotheke muss sowohl für akute, als auch für längerfristige Probleme ausgelegt sein.

Meine Grundprinzipien beim Zusammenstellen

  • Praktikabilität: Materialien und Medikamente, die ich tatsächlich anwenden kann — keine unnötigen Spezialitäten.
  • Robustheit: Verpackungen sollten salz- und feuchtigkeitsbeständig sein (z. B. Dry-Bags, wasserfeste Kunststoffkisten).
  • Redundanz: Wichtige Medikamente in doppelter Ausführung, verteilt an zwei Orten.
  • Dokumentation: Übersicht mit Inhalt, Verfallsdaten und Anwendungshinweisen (auch in Papierform).
  • Training: Regelmäßige Auffrischung der Erste-Hilfe-Kenntnisse und praktische Übungen an Bord.

Medikamentenliste: Was ich an Bord habe

Die folgende Liste ist mein persönlicher Kernbestand. Dosierungen habe ich vereinfacht angegeben — vor Abfahrt unbedingt individuelle Dosierungen, Allergien und Vorschriften mit einem Mediziner klären.

Kategorie Beispiele / Produkte Anmerkungen
Analgetika / Antipyretika Paracetamol, Ibuprofen Schmerz und Fieber; Ibuprofen vorsichtig bei Dehydratation
Antiemetika Dimenhydrinat (Vomex), Ondansetron (nur nach Rücksprache) Seekrankheit, Erbrechen; Ondansetron nur bei Bedarf und ärztlich empfohlen
Antibiotika Amoxicillin, Doxycyclin Nur mit ärztlicher Verordnung/Anweisung; bei Infektionen, Tauchmedizin beachten
Wundversorgung Sterile Kompressen, Pflaster, Wundschnellverband, Nahtset (Nylon), Gewebe-Kleber Von kleinen Schnitten bis zu großen Wundversorgungen
Antiseptika Chlorhexidin, Jodlösung Hautdesinfektion vor Naht / Verbandwechsel
Antihistaminika Cetirizin, Loratadin Allergische Reaktionen, Insektenstiche
Injektionsmittel Adrenalin-Autoinjektor (bei bekannter Anaphylaxie) Nur bei Risiko; regelmäßiger Check auf Verfallsdatum
Atemwege / Kreislauf Salbutamol Inhaler (Asthma), Nitroglyzerin (nur bei bekannter Indikation) Nur nach ärztlicher Absprache
Rehydratation Orale Rehydratationslösungen, Elektrolytpulver Bei Durchfall/Dehydratation
Sonstiges Sonnenschutz, Augenspülung, Aktivkohle Alltagsbedarf und Vergiftungsmaßnahme (nur Erste Hilfe)

Instrumente und Verbrauchsmaterial

Neben Medikamenten halte ich diese Instrumente für unverzichtbar:

  • Sterile Handschuhe (verschiedene Größen)
  • Ein scharfes Naht-Set mit Fadenscheiden, Nadelhalter, Pinzette (wenn man Nähen kann)
  • Nahtmaterial (Nylon 3-0, 4-0) und Gewebekleber (z. B. Histoacryl)
  • Scharfes, rostfreies Rettungsmesser und Schere
  • Stethoskop, Blutdruckmessgerät, digitales Thermometer
  • Blutzuckermessgerät (bei Risiko für Diabetes an Bord)
  • Taschenlampe / Stirnlampe mit Reservebatterien
  • Ein robustes EKG- oder Erste-Hilfe-Set für längere Törns (optional, abhängig von Crew-Risiko)

Regatten: Was ich reduziere, was ich ergänze

Bei Regatten ist Platz und Gewicht begrenzt; gleichzeitig geht es oft hektisch zu. Ich packe hier kompakter:

  • Ein kompaktes Erste-Hilfe-Set mit Schwerpunkt auf Wundversorgung, Schmerzmittel und Antiemetika.
  • Blutstillungsmaterial wie Tourniquet und hämostatische Verbände (für schwere Schnittverletzungen an Deck).
  • Ein Notfall-Spielplan: wer ist medizinisch geschult, wie sieht die Kommunikationskette aus (Rufnummern, AIS/SATCOM-Verfahren).

Blauwasser: Umfangreicher, redundanter und längerfristig

Auf Langfahrt vergrößere ich Vorrat und Fähigkeiten:

  • Antibiotikum für Breitbandszenarien (nur nach Telemedizin/Arztanweisung im Notfall einsetzen).
  • Mehr Rehydratationsmittel und Antiemetika – Seekrankheit kann die Versorgung erschweren.
  • Reserveinjektoren, erweiterte Wundversorgung, Sterilisationsmittel (z. B. Einmal-Autoklavierbeutel fehlen; lieber sterile Sets)
  • Medikamenten-Bestand selbst für Wochen, plus Plan für Nachschub via Hafen/Behörde.
  • Telemedizinkontakt einrichten (z. B. Maritime Medical Advice Dienste) und Bedienungsanleitungen für seltene Eingriffe griffbereit legen.

Rechtslage, Rezeptpflicht und Lagerung

Viele Antibiotika und starke Schmerzmittel sind rezeptpflichtig. Vor einer Blauwasserreise kläre ich mit meinem Hausarzt oder maritime Health-Service, welche Medikamente ich verschrieben mitführen darf. Verpackungen mit Kennzeichnung, Name und Dosierung sind Pflicht. Wichtig ist außerdem:

  • Verfallsdaten regelmäßig prüfen und abgelaufene Präparate ersetzen.
  • Medikamente dunkel, trocken und temperaturstabil lagern (Überhitzung im Tropenstau vermeiden).
  • Wichtige Dokumente (Allergien, Blutgruppe, Medikationsplan) in Papierform und digital (USB) mitführen.

Training, Checklisten und Praxisübungen

Eine Medizinkiste ist nur so gut wie die Menschen, die sie benutzen. Ich übe regelmäßig:

  • Verbände anlegen, Nahttechniken (unter Anleitung), Umgang mit Autoinjektoren.
  • Simulationen: Unter Deck eine nächtliche Schnittverletzung durchspielen, Kommunikation mit Telemedizin üben.
  • Checklisten erstellen: Erstversorgung, Dokumentation des Vorfalls, Evakuations- oder Kontaktplan.

Persönliche Tipps aus der Praxis

Ein paar Dinge, die ich in langen Jahren an Bord gelernt habe:

  • Nimm lieber ein paar Tabletten mehr mit, als du denkst. Auf See kann Nachschub schwierig sein.
  • Bewahre kritische Medikamente an zwei Orten auf (z. B. Salon und Vorschiff), damit ein Verlust durch Wassereinbruch nicht alles zunichte macht.
  • Beschrifte alles klar — im Stress will niemand rätseln, was welches Mittel ist.
  • Für Regatten: ein kleines "Regatta-Notfall-Kit" in Griffnähe auf dem Cockpit-Tisch spart Zeit.
  • Investiere in hochwertige, wasserfeste Verpackungen. Ein guter Dry-Bag ist jeden Euro wert.

Wenn ihr möchtet, kann ich euch eine druckbare Checkliste im PDF-Format zusammenstellen oder Beispiele mit konkreten Packlisten für Wochenendtörn, Regatta und Atlantiküberfahrt zuschicken. Teilt mir eure Ziele und die Zusammensetzung eurer Crew mit — dann passe ich die Empfehlungen an eure Bedürfnisse an.


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